Zu diesem Thema fiel mir ehrlich gesagt lange Zeit überhaupt nichts ein. Da ich ein Optimist bin, habe ich meine Entscheidungen nicht unbedingt als Fehler gesehen. Trotzdem folge ich dem Aufruf von Danielle Berg zu ihrer Blogparade „Für diese(n) Fehler bin ich wirklich dankbar“.
Wenn ich an Fehler denke, dann kommt bei mir die Schule in den Blick. Fehler beim Matheunterricht; Schreibfehler; Stoffe falsch zusammengenäht; beim Kochen statt Salz den Zucker in die Suppe gegeben; falsche Griffe beim Gitarre Unterricht; sowie eine fehlerhafte Haltung beim Turnen. Punkt.
Fehlerhafte Entscheidungen
Als Kind hatte ich viele Fragen. Selten wurden sie beantwortet. Ich war neugierig und wissensdurstig. Ich war wählerisch beim Essen und was ich nicht aufaß wurde mit Zimmerarrest bestraft. Mit Freunden abends weggehen wurde abgelehnt. Kam ich zu spät nach Hause, gab es Hausarrest. Ich habe zu der Zeit alles akzeptiert, geschmollt und mich immer brav in mein Zimmer zurückgezogen.
Meine Mutter bekräftigte mich stets, nochmals nachzufragen. Dazu war ich zu stolz. Entweder es geht gleich oder ich lasse es sein. Meinen Vater habe ich damit bestraft, dass ich in dem Zeitraum nicht mit ihm sprach. War es ein Fehler nicht zu widersprechen?
Rückzug war und ist meine Entscheidung und Strategie
In meinem Zimmer konnte ich tun und lassen was ich wollte. Noch heute ziehe ich mich gerne zurück, doch aus einem bestimmten Grund. Zeit für mich alleine zu haben. Zum Tanzen, Lesen, Schreiben, Musik hören, was auch immer mir gut tut.
Ich kenne viele Menschen die es gar nicht schaffen sich mit sich Selbst zu beschäftigen. Für mich war und ist es eine Zeit der Regeneration.
Erst in nach und nach begann ich zu rebellieren und mich mit meinen Fragen oder Themen hinzustellen, damit ich gesehen und gehört wurde. Ich ließ mich nicht mehr abwimmeln und eingrenzen.
Vom Fehler zur Dankbarkeit
Einen Monat vor meiner Berufsausbildung machte ich Schnuppertage bei einer Friseurin aus Mamas Bekanntenkreis. Ich freute mich riesig darauf und bekam sogar einen vollen Lehrlingslohn. Ich rechnete fest damit die Stelle zu bekommen, doch es gab anscheinend schon eine Absprache mit zwei anderen Bewerberinnen aus der direkten Nachbarschaft. Davon wusste ich nichts und war stinkesauer.
Ich fand zum Glück einen Ausbildungsplatz in der selben Gemeinde und freute mich riesig auf den Start. Nach 4 Jahren verließ ich meinen Ausbildungsplatz und bewarb mich erneut in dem Friseursalon in dem ich schon schnupperte. Und wieder wurde ich vor den Kopf gestoßen! Nach einem halben Jahr wurde ich entlassen, weil sich die Situation wiederholte. Vitamin B, wie man so schön sagt, machte Platz für gute Bekannte. Mich verabschiedete man mit den Worten, ich würde stinken. Zu glauben ich könnte bei der Friseurin, die über die Grenzen hinaus bekannt war beruflich erfolgreich werden, war mit Sicherheit ein Fehler.
Heute sage ich laut Danke. Denn damit suchte ich das Weite. Ich verließ meine Heimat und ging als Saisonarbeiterin nach Arosa in die Schweiz. Es war die beste Entscheidung, die ich traf. Meine Arbeitgeberin übergab mir ihre Filiale mitten im Zentrum und ließ mir freie Hand. Mit 20 Jahren führte ich praktisch dieses Geschäft für zwei Winter. Wir verbrachten viel Freizeit zusammen, sie gab mir ihr Auto für einen Wochenendausflug nach Hause, schenkte mir ihre Massagetermine, wenn sie keine Zeit dafür hatte und lud mich oft zum Abendessen ein. An diesen Arbeitsplatz denke ich mit großer Dankbarkeit zurück.
Seminarbesuch als Ehepaar
Ein Trauma der besonderen Art erlebte ich als ich merkte, dass mein Ehemann kein Interesse an meinen Weiterbildungen hatte die zur Persönlichkeitsschulung führten. Ich liebe es mich stets weiterzubilden, Neues zu erfahren und dazuzulernen.
Um ihm meine Interessen näher zu bringen lud ich ihn ein, gemeinsam an einem Wochenendkurs teilzunehmen, der uns in unserem persönlichen Wachstum stärken sollte. Mein Einkommen war zu der Zeit gering, trotzdem bezahlte ich die Kurskosten für 3 Tage für uns Beide. Da wir unweit des Bildungshauses zuhause waren, fuhren wir abends heim.
Der Widerstand meines Mannes war schon während dem ersten Seminartag zu spüren, dann bei der Heimfahrt das Schweigen. Zuhause flogen die Fetzen! Er werde sich bestimmt nicht weiterhin wie ein Baum bewegen, waren seine Worte, und verbot mir am nächsten Tag das Seminar weiterhin zu besuchen. Meine Investition von 1500 € für gemeinsames Wachstum war weg. Der Haussegen hing schief. Ich schmollte, war traurig und zog mich für ein paar Tage in mich zurück. Ich habe mich geschämt, als ich den Kurs komplett absagen musste.
Klarheit als Folge
Bei diesem Erlebnis ist mir eines klar geworden. Nie mehr werde ich meinen Partner auffordern mich zu einem Seminar zu begleiten und gewisse Interessen mit ihm teilen. Viele Jahre hat es gedauert bis ich merkte unsere Wege müssen sich trennen, damit ich wachsen und erfolgreich sein kann indem ich tue was ich liebe.
Fazit daraus. Ich habe gelernt, dass nicht alle Menschen meine Interessen mit mir teilen und ich niemandem was überstülpen kann. Heute mache ich meinem Lebenspartner ein Angebot, gebe ich meinen Kunden Tipps statt Ratschläge und lasse es dann bei sich beruhen. Ich liebe Seminarbesuche und erfreue mich deren auch alleine, denn man lernt so viele tolle Gleichgesinnte kennen, mit denen man sich austauschen kann. Und so manche Freundschaft hat sich daraus ergeben.
Der größte Fehler meines Lebens
Nach 12 Jahren der Trennung von meinem Ehemann, trauere ich um den Verlust meiner Kinder. Damals waren sie 15 und 18 Jahre alt und haben sich entschieden im Elternhaus bei ihrem Vater zu bleiben. Ich erinnere mich genau an die Szene als ich nach dem Abendessen mitteilte, ich würde ihren Vater verlassen. Mein Sohn weinte und schrie, er will das nicht. Meine Tochter sprang auf und rief “ und wer macht dann den ganzen Haushalt, ich etwa“. Mein Ehemannblieb still.
Heute weiß ich, dass ich indem Moment so was von falsch gehandelt habe, dass es mir noch beim Schreiben die Tränen in die Augen treibt. Auf diese Reaktionen war ich nicht vorbereitet. Ich war tief verletzt, der Ausruf meiner Tochter hat mich vollkommen aus der Bahn geworfen und die Antwort die ich gab, schnürt mir heute noch den Hals zu.
Ich verließ tagsüber mit wenig Dingen das Haus, mit Hilfe meines Schwagers und zog in eine Zweizimmer-Wohnung nicht allzu weit entfernt von unserem gemeinsam erbauten Haus. Noch etwa einen Monat kochte ich mittags für die Kinder bis mein Ehemann mir die Schlüssel abnahm und mir mitteilte, dass er von nun an die Erziehung unserer Kinder übernehmen würde.
Anfangs besuchten mich meine Kinder hin und wieder. Meine Versuche mit ihnen etwas zu unternehmen, sie zum Essen einzuladen, misslangen, je älter sie wurden. Der Kontakt wurde weniger, bis er vor etwa 4 Jahren vollkommen abbrach. Mein Mann und meine Ursprungsfamilie unterstützen mich keineswegs beim Versuch mit den Kindern ins Gespräch zu kommen.
Liebe und Dankbarkeit
Meine Kinder sind absolute Wunschkinder gewesen. Ich kann heute noch nicht verstehen, ob meine Reaktion der wirkliche Grund für die Trennung war oder ist. Es hat nie jemand mit mir darüber gesprochen. Doch was ich in der Zeit des Alleinseins gelernt habe ist, ihnen Liebe und Dankbarkeit für unsere gemeinsame Zeit zu senden.
Ich bin dankbar dafür, dass ich Mutter geworden bin. Ich bin dankbar dafür dass ich sie 15 und 18 Jahre begleiten durfte. Täglich sende ich ihnen meine Liebe im Vertrauen darauf, dass wir uns eines Tages wiedersehen. Jedes Jahr schreibe ich ihnen zum Geburtstag und an den Festtagen per WhatsApp, da ich keine Wohnadresse von ihnen habe. Es kommt keine Antwort, das macht nichts. Ich bleibe dran.
Lichtblick und Hoffnung
In diesem Jahr gibt es tatsächlich Hoffnung auf ein Wiedersehen mit meinem Sohn. Zum ersten mal seit langer Zeit hat er auf meine Geburtstagsgrüße reagiert. Er hat mich angerufen und wir haben uns 15 Minuten liebevoll unterhalten. Er hat mich in seine Pläne eingeweiht und ein Treffen sollte in diesem Herbst stattfinden.
Meine Vorfreude ist riesengroß, das dürft ihr mir glauben. Geduld und Ausdauer sind zwei wahrhaft große Lernfelder. Darin bin ich gewachsen und ich weiß jetzt, die Hoffnung darf nie aufgegeben werden, dass ich etwas ändert.
Bestimmt hast auch du Entscheidungen getroffen die dir fehlerhaft vorkommen und sich dann doch zum Guten gewendet haben. Da schreiben sehr dazu beitragen kann, dass sich Dinge und Ereignisse in Wohlgefallen auflösen, lade ich dich ein, bei der Blogparade Blogparade: Für diese(n) Fehler bin ich wirklich dankbar – Danielle Berg (danielle-berg.com) mitzumachen. Noch bis zum 1. September hast du die Möglichkeit.
hairzliche Grüße,
Susanne
Roland
Wow, habe eben zufällig in meiner Mittagspause diesen, deinen Beitrag gelesen.
Wollte als dein Hompage Verwalter eigentlich nur das Design der Page am Handy im Vergleich zum Computerbildschirm vergleichen, und sehen wie sich das Menü verhält.
Ich bin hin und weg und es zerreißt mich innerlich bei meiner Feststellung dabei, dass ich mir unentwegt Gedanken um mein eigenes Empfinden mache und dabei übersehe wie egoistisch ich dir gegenüber bin. Du bist Großartig und ich danke dir für deine Liebe und vor allem für deine Geduld mit mir…
Hab dich lieb ❤️
Susanne Lins
Roland, du bist das schönste was mir passieren konnte.
Danke dass du da bist für mich, mit all meinen Macken!
hdl Susanne
Ianina
Danke!💖
In meiner Erfahrung, fühlen Ehepaare sich noch so schuldig dass sie andere Lebenswege aussuchen, dass sie das Befehl der Vereinigung widersetzten, dass am Ende das Badewasser mit dem Baby weggeworfen wird.
Wenn wir endlich verstehen könnten dass wenn man jemand gut liebt, ihn frei lassen darf.
Wenn wir endlich dass verstehen dann bräuchten wir niemanden zu Schulden, sondern nur mit vollem Herzen dankbar sein für die zusammen erlebte Zeit. Kinder, Erlebnisse, Freundschaft… Leben! alles ehrliche Dinge die beide geschafft haben! 💞
Susanne Lins
Liebe Ianina,
deine Worte berühren mich sehr.
Es brauchte lange bis ich spürte, wenn ich meinen Kindern Liebe schenke, mir selbst vergebe und sie freilasse, geht es mir besser udn es wird leichter ums Herz. In dieser Hoffnung hat sich nun schon mal mein Sohn gemeldet – und darüber habe ich mich sehr gefreut.
hairzlich Susanne
Annette Dr. Pitzer
Liebe Susanne,
Dein wahrhaftiger Artikel hat mich tief berührt. Tränen sind sogar geflossen. Du bist wahrlich eine starke, wunderbare Frau, die trotz (oder gerade wegen?) dieser Lebensherausforderungen aufrecht steht und mir eine Inspiration ist. Daher bin ich sehr dankbar, dass Du Dich so öffnen konntest, denn es zeigt allen, die diesen Artikel lesen, dass wir unsere Vergangenheit und die Verletzungen, die wir erlitten oder aber anderen zugefügt haben, verziehen werden und sogar der Mist im Wachstumsbeet sein können.
Alles Liebe
Annette
Susanne Lins
Liebe Annette!
Ich bin sehr dankbar über unsere Verbindung, über dein Mitfühlen und mitspüren.
Es war eine schwere Entscheidung, diese Zeilen auf Papier und an die Öffentlichkeit zu bringen.
Danke für deine einfühlsamen Worte,
hairzlich Susanne
Danielle Berg
Liebe Susanne,
wow, was für ein mutiger Artikel das doch geworden ist! Ich drücke dir alle Daumen für das Treffen mit deinem Sohn! Vielleicht wachst ihr wieder zusammen und vielleicht findest du darüber auch wieder Zugang zu deiner Tochter 🙏
Viele liebe Grüße
Danielle
Susanne Lins
Liebe Danielle,
danke für deine unterstützenden Worte. Man soll bekanntlich die Hoffnung nie aufgeben. das mache ich seit ich meinen Mann verlassen habe udn die Kinder zurückblieben – freiwillig.
hairzlich Susanne